„Macht unglaublich Spaß, mit motivierten SchülerInnen Projekte zu stemmen“

Aufgrund der Corona-Pandemie sind immer noch keine Exkursionen für SchülerInnen möglich. Insbesondere am Freien Gymnasium Penig (FGP) waren diese im Rahmen der ARCHE Naturprojekte geplant – und bleiben es. Doch wie sieht die Situation an dieser Schule genau aus und warum halten Projektleitung und Lehrkörper weiterhin daran fest, das Projekt umzusetzen? Projektleiterin Stefanie Walter hat mit Lehrerin Dr. Kathrin Köllner-Rabold gesprochen.

Stefanie Walter: Wie hat Corona das Lehren und Lernen bei Ihnen am FGP verändert?

Kathrin Köllner-Rabold: Corona hat nicht nur die Maskenpflicht im Schulgebäude verursacht, sondern auch einen „Push“ für die Digitalisierung gebracht. Als LehrerInnen wurden wir gefordert, uns noch aktiver mit neuen Tools wie der Plattform „LernSax“ auseinanderzusetzen, die uns Kommunikation in der Nichtpräsenszeit ermöglichen. Für uns LehrerInnen war das ein Sprung ins kalte Wasser, da wir nur wenig Zeit hatten, uns auf die Situation vorzubereiten. Jeder war zuhause mehr oder weniger auf sich gestellt, um die Möglichkeiten der digitalen Welt bezogen auf Homeschooling auszuloten und zu prüfen, was für einen selbst davon machbar ist. Ich selbst habe neue Arbeitsblätter entworfen, versucht Filme einzubeziehen und z. T. zur Leistungsüberprüfung „Kahoots“ eingesetzt, eine Art digitales Lernquiz. Das hat den SchülerInnen Spaß gemacht hat, weshalb ich es auch jetzt noch verstärkt in Biologie, Chemie und Naturwissenschaften einsetze. Zusätzlich habe ich als Klassenleiterin während der Homeschooling-Phase einmal pro Woche eine Videokonferenz organisiert, um meinen SchülerInnen den Austausch zu ermöglichen, was die meisten als sehr positiv empfunden haben.

Die nach dem Lockdown folgende Teilung der SchülerInnenanzahl im Wechsel von Präsenz- und Hausunterricht empfand ich als einen guten Kompromiss. Für die SchülerInnen war es z. T. zuhause sehr schwer, sich den Tag selbst einzuteilen. Sie hatten auch nicht immer die technischen Möglichkeiten. Auch helfende Eltern oder Geschwister waren oft überfordert. Vielen fehlte der persönliche Kontakt. Die meisten waren deshalb nach meinem Empfinden froh, als sie wieder in die Schule durften.

Nach wie vor sind die technischen Voraussetzung suboptimal, obwohl gerade im FGP sehr engagierte LehrerInnen die Digitalisierung vorantreiben, sei es durch den Erwerb neuer Hardware, der Ausstattung und dem  Einsatz von Apple TV in den Klassenräumen, der Schulung der LehrerInnen, die meiner Meinung nach durch die „LaSuB“ noch nicht optimal durchgeführt wird. Es gibt da einen Riesenbedarf, sich neue Methoden anzueignen. Das Interesse und die Bereitschaft seitens der meisten LehrerInnen ist da, obwohl viele durch die zusätzliche Arbeitsbelastung an Grenzen stoßen. Der Einsatz von SchulassistentInnen als Unterstützung bei administrativen Dingen ist ein schöner Wunsch 🙂

Walter: Was erhoffen Sie sich von ARCHE Naturprojekte für Ihre SchülerInnen, was sollen sie lernen?

Köllner-Rabold: Das ARCHE-Projekt sehe ich als gute Möglichkeit, sich über den Unterricht hinaus mit dem Thema Bioökonomie und -diversität zu beschäftigen. Die SchülerInnen lernen, fächerübergreifend Zusammenhänge in der Natur zu erforschen und erleben hautnah und praktisch, wie NaturwissenschaftlerInnen zusammenarbeiten. Sie haben die Möglichkeit, in der Schule erworbene Kompetenzen wie Beobachten, Vergleichen, Erklären, Diskutieren und Bewerten anzuwenden. Zudem haben sie die Möglichkeit, ihre Teamfähigkeit unter Beweis zu stellen.

Walter: Warum sind Exkursionen während des Schulunterrichts wichtig für die Entwicklung der SchülerInnen?

Köllner-Rabold: Die Freude an Ausflügen ist sehr motivationsfördernd. Exkursionen bieten eine Abwechslung vom normalen Schulalltag. Die SchülerInnen lernen neue Orte und Menschen mit interessanten Berufen kennen – und vielleicht erkennen sie für sich selbst Zukunftsaussichten, die sie vorher nicht ins Kalkül gezogen hatten.

Walter: Warum machen Sie sich regelmäßig Extraarbeit durch Projekte, Ausflüge, AGs usw.? Was motiviert Sie persönlich?

Köllner-Rabold: Ich finde immer toll, die Entwicklung von SchülerInnen zu erleben und sie zu ermutigen, sich in Projekten wie einer Chemie-AG oder dem Experimentieren an „magischen Orten“ wie dem Schloss Rochlitz auszuprobieren. Sie trauen sich dabei Dinge zu, von denen sie vorher nicht wussten, dass sie sie bewältigen können. Dazu zählt, anderen SchülerInnen und Eltern Experimente zu erklären und sich intensiver und länger mit verschiedenen Themen zu beschäftigen. Der Wissenschaftsdrang wird durch solche Projekte gefördert, vor allem die Neugier und die Freude an Naturwissenschaften. Die SchülerInnen erkennen, wie wichtig Naturwissenschaften bei der Lösung der Probleme unserer Zeit sind – z. B. durch Umwelt- und Naturschutz. Sie lernen, dass sie nicht für die Schule lernen, sondern für sich und dass sie Dinge verändern können, siehe unser Wasserstoffauto-Projekt. Und sie erleben Anerkennung, die sie wiederum motiviert, sich z. B. mit komplexen Projekten wie dem der „Flemminger Seen“ auseinanderzusetzen, bei dem sie durch Flutung renaturierte Kiesgruben untersucht haben. Für die Arbeit an diesem Thema gewannen wir als FGP im Jahr 2019 einen Hans-Riegel-Preis für Chemie der Universität Dresden. Es macht einfach unglaublich viel Spaß, mit solchen motivierten SchülerInnen Projekte zu stemmen.

Walter: Warum ist das FGP eine besondere Schule? Was macht sie einzigartig?

Köllner-Rabold: Ich bin sehr gern Lehrerin am FGP. Kleine Klassen, Konzepte wie die selbstorganisierte Lernzeit und die vielen Arbeitsgemeinschaften sind einzigartig. Sehr wichtig finde ich das sehr gute Schulklima, die tollen, sehr motivierten, hilfsbereiten KollegInnen und die Chance, eigene Projekte zu verwirklichen. Und nicht zu vernachlässigen ist die flache, transparente Hierarchie, die es ermöglicht, Probleme schnell zu klären. Auch die Klassenleiterintätigkeit mit meiner 7. Klasse möchte ich nicht missen. Ich habe eine tolle, sehr engagierte Klasse, die jetzt in Eigenverantwortung ein Pilotprojekt zu Instagram mit vielen Ideen und einer großen Begeisterung gestartet hat. Einen Teil habe ich in meiner Chemkids-AG schon zuvor betreut, als sie das Fach noch gar nicht im Unterricht hatten. Drei SchülerInnen waren dadurch auch schon im Schloss Rochlitz als Alchemisten dabei.