Von bunten Farben über abstrakte Formen zu einem Bild im Kopf

Foto von einer Landkarte von Tschechien, welche als Schablone für das Folienziehen zur Herstellung von Unterrichtsmaterialen an Blindenschulen verwendet wird.

Wie kann man ein farbiges Bild für Blinde so gestalten, dass aus Farben Formen und aus Formen ein zusammenhängendes Bild im Kopf entsteht? Um dies zu verstehen, haben wir uns mit den Mediengestaltern der Blindenschule KW getroffen und ihnen bei ihrer täglichen Arbeit über die Schultern geschaut.

Doch erstmal zurück auf Start. Was ist bisher passiert?

Nach der Nachricht, dass wir mit unserem Projekt „Astronomie zum Anfassen“ unter den 15 Gewinnerteams des diesjährigen Hochschulwettbewerbs sind, war die Freude riesig. Wir hatten die erste Hürde genommen und konnten nun mit der Verwirklichung des Projektes beginnnen. Sofort haben wir mit der Schulleitung der Marie-und-Hermann-Schmidt-Schule in Königs Wusterhausen Kontakt aufgenommen, um eine zukünftige Zusammenarbeit genauer ins Visier zu nehmen. Nach einer kurzen Vorstellungsrunde, war schnell klar: Dies kann was werden, wenn auch anders als geplant.

Nicht alles, was wir uns im Vorfeld überlegt hatten, wird auch funktionieren.

Wenn wir ehrlich sind, konnten wir nach dem ersten Gespräch viele unserer schön erdachten Ideen schon wieder wegschmeißen. Unsere Idee, astronomische Bilder von Hubble oder JWST in hochauflösende 3D-Reliefs zu verwandeln, wäre technisch zwar möglich, aber unwissentlich auch ein wenig an unserer Zielgruppe vorbei entwickelt worden. Und damit uns genau dies nicht (nochmal) passiert, haben wir mit großer Begeisterung das Angebot der Schulleitung angenommen, die Medienwerkstatt der Schule zu besuchen, in der die Lernmaterialien für die Schüler:innen erstellt werden. Wir konnten uns dort mit den Medienherstellern austauschen und haben viel gelernt.

Die Technik des Folienziehens zur Vervielfältigung von Unterrichtsmaterialien

Anhand von Landkarten konnten wir eindrucksvoll nachvollziehen, wie man von einer klassischen Bilddarstellung eines Landes zu mehreren 3D-Folienreliefs gelangt. Die verschiedenen Farbinformationen des Originals, z.B. die Landesgrenzen, Städte, technische Infrastruktur, oder Topologie, werden jeweils auf eine oder mehrere Schablonen aus Pappe oder Holz übertragen. So entstehen aus den Farben abstrakte Formen und Umrisse, welche teilweise nur einen Millimeter Höhenunterschied voneinander haben. Auf jede einzelne Schablone kommt noch eine Legende in Blindenschrift bevor sie mit einer Folie belegt wird und in einer Folienziehmaschine erhitzt wird. Die Schablone prägt sich bei dem Vorgang in die Folie hinein und ein formstabiles Höhenrelief entsteht. Die Folie kann dann von den blinden und sehbeinträchtigten Schüler:innen abgetastet werden. Damit die Schüler:innen die abgebildeten Informationen von den unterschiedlichen Folienreliefs zu einem Gesamtbild im Kopf zusammensetzen können, ist es notwendig, dass alle Folien die gleichen Markierungen (sogenannte Fixpunkte oder Marker) haben. Wie viele Informationen auf einer einzelnen Folie untergebracht werden können, kann man recht einfach zusammenfassen:

Eine Information pro Quadratzentimeter!

Einfach, oder? Nun ja, auf jeden Fall kann man es sich leicht merken. Es heißt aber auch, dass für mehr Informationen pro Quadratzentimeter kein Platz ist oder es dann zu einem verwirrenden Kauderwelsch im Kopf des Betrachters führt. Auch wir im Team müssen diese Information erst einmal verarbeiten, denn wir sind uns sicher: Es wird auf jeden Fall eine Herausforderung! Aber wir sind frohen Mutes und voller neuer Ideen, sodass ihr euch auf weitere spannende Berichte unsererseits freuen könnt.

 

Bildbeschreibung: Das Beitragsfoto zeigt die Schablone einer Landkarte von Tschechien, welche quer auf einem Arbeitstisch liegt. Die Umrisse des Landes sind durch gestrichelte Linenerhöhungen gekennzeichnet. Straßen, welche als schwarze durchgezogenen Linien aus Gummi und Draht modelliert sind, verbinden die Großstädte des Landes, welche durch Halbkreise unterschiedlicher Größe gekennzeichnet sind. Unterschiedliche Stellen auf der Karte sind mit Markierungen in Blindenschrift versehen. Unter der Schablone aus stabiler Pappe, liegen fertige Folienreliefs des Landes. Im Hintergrund sind einige weitere Arbeitmittel zu sehen. Foto: Heike Prokoph