Ende Mai stand der zweite Hausbesuch an: Wir fahren nach Nürnberg und treffen Benedikt und Julius, die zwei Mitglieder des Teams „KI – Von der Wissenschaft ins Wohnzimmer“. Ursula, die Dritte im Bunde, ist heute verhindert. Im Veranstaltungsraum des JOSEPHS, Innovationslabor vom Fraunhofer IIS, reden wir über das Projekt, welche Herausforderungen sie bisher hatten und wie die nächsten Schritte aussehen.
Doch zuerst wollen wir mehr über unsere Gesprächspartner erfahren: Wer sind sie und welche Beziehung haben sie zu KI?
KI. Erklären. Essen. Das ist also die Kurzbeschreibung des Projekts, aber um was genau geht es da? „Wir wollen einen Algorithmus, den wir im Moment am Fraunhofer IIS entwickeln, für ein Prognose-Spiel verwenden. Stellt euch vor, ihr seid Restaurantbesitzer und müsst euch überlegen: Wie viele Gäste kommen an einem sonnigen Montag? Wie viele kommen am Samstag, wenn es regnet?“ erklärt Julius. „Die Idee des Spiels ist, dass man dem Spieler und der KI Informationen gibt, aus denen sie Prognosen erstellen sollen. Am Ende vergleichen wir die Prognosen mit der Realität und schauen, wer die besseren Prognosen erstellt hat, Mensch oder KI.“
„Wahrscheinlich die KI“ – denken wir uns und wissen nicht, ob uns das positiv oder negativ stimmt. „Wenn man über KI redet, dann haben viele Menschen den Terminator im Kopf“, sagt Benedikt. „Das ist aber weit davon entfernt, was KI tatsächlich ist. Wir wollen mit diesem Spiel zeigen: Die KI ist nicht gruseliger als ein Schach-Computer. Sie ist vielleicht in diesem speziellen Fall besser als der Mensch darin, Muster abzuleiten, Prognosen zu machen. Dann setzen wir sie doch sinnvoll ein.“
Tatsächlich sind KI-Anwendungen in der Restaurantbranche kaum verbreitet. Dabei ist der Nutzen dahinter klar: Kann ein KI-Programm für das Restaurant gut prognostizieren, wie viele Gäste in der nächsten Woche kommen, kann es das Personal effizienter einplanen und die Ressourcen besser nutzen. An einem solchen Algorithmus arbeiten Benedikt, Julius und Ursula derzeit mit anderen Forschenden in der Arbeitsgruppe für Supply Chain Servcies SCS am Fraunhofer IIS.
Doch zurück zum KI-Spiel: Sie laden uns ein, das Spiel in seiner aktuellen Version zu testen. Der Bildschirm zeigt uns drei Faktoren an – die Anzahl der Gäste in den Tagen davor sowie die Temperatur und die Vorbestellungen für die aktuelle Woche. Anhand dieser Daten sollen wir nun einschätzen, wie viele Gäste an den Tagen der aktuellen Woche tatsächlich kommen werden. Betrachten wir nur einen Faktor, fällt uns das leicht. Aber mehrere Faktoren gleichzeitig? An Wochenenden gehen – so unsere Vermutung – viele Leute ins Restaurant, an Wochentagen wenige. Was passiert aber, wenn es am Wochenende regnet und es in der Woche sonnig wird? Wir tragen unsere Einschätzungen ein, teilweise ratend. Dann blendet Julius die richtige Gästeanzahl ein. „Gar nicht so schlecht“, kommentiert Julius.
Die rote, nicht durchgezogene Linie stellt meine Prognose dar, die schwarze Linie die tatsächliche Anzahl der Gäste.
(Foto: Thuy Anh Nguyen, Wissenschaft im Dialog)
Wir atmen aus, denken uns aber: Schon bei drei Faktoren kommen wir ins Schwitzen. Was wäre, wenn es fünf oder zwanzig oder mehr Faktoren sind? Hier würde KI einen definitiv viel weiterbringen.
Im Moment, während der Entwurfsphase, arbeiten die drei noch mit simulierten Daten, zum Beispiel fiktive Besucherzahlen. Das wollen sie ändern. „Es ist wichtig für uns, dass unsere KI mit realen Daten arbeitet“, so Benedikt. Unter anderem deswegen kooperieren sie mit Unternehmen, die diese Daten zur Verfügung stellen können.
Bis Herbst haben sie Zeit, den Algorithmus zu optimieren. Dann werden sie das KI-Spiel u.a. bei der Langen Nacht der Wissenschaften in Erlangen ausstellen. Weitere Anfragen von Industriemessen sind auch schon auf dem Tisch. „Es freut uns, dass das Interesse da ist. Oft haben die Leute, die in der KI arbeiten, Probleme zu erklären, was KI genau macht. Das ist alles sehr abstrakt. Mit unserem KI-Spiel wollen wir das ändern“, so Julius. „Es hilft, dass die Leute mit dem Restaurant-Beispiel einen Bezug zu ihrem Alltag bekommen – und dann was anklicken können. Dann verlieren sie vielleicht ihre Scheu gegenüber der KI und können sich besser vorstellen, wie man die KI in der Zukunft gut einsetzen kann.“ (Text: Thuy Anh Nguyen, Wissenschaft im Dialog)
Schnellfragerunde zum Abschluss