Auf Euphorie folgt Ernüchterung

Euphorie

So ist es momentan leider auch bei uns. Anfang des Monats waren wir noch voller Vorfreude und Tatendrang. Wir hatten den perfekten Ort für unser offenes Atelier gefunden. Das Gebäude steht seit Jahren leer und wird als “Schandfleck” betitelt. Genau das richtige für unsere Zwecke. Die Sterne standen gut für uns. 

Zunächst einmal ging es an die Entrümpelung. Und wir hören schon eure Stimmen in unseren Ohren: Wie entrümpeln? Ihr seid doch RE.MATERIAL und wollt Bauabfälle neu aufbereiten und wiederverwenden. Die Materialien, die noch wiederzuverwenden sind, haben wir aufbewahrt, keine Sorge. Allerdings gibt es (vor allen Dingen bei sehr lange leer stehenden Gebäuden) sehr viele Abfälle, die tatsächlich nicht wieder benutzt werden können oder sollten. Wenn der Teppichbelag seit Jahren voll Wasser getränkt ist und dementsprechend schimmelt, dann ist auch unser Wunsch zur RE.MATERIALisierung irgendwann vorbei. 

Während wir das Gebäude entkernt haben, ist uns wieder aufgefallen, wie unpraktisch unlösbare Verbindungen sind. Selbst wenn der Bodenbelag nicht geschimmelt hätte, wäre er so vermutlich nicht mehr nutzbar gewesen. Der verklebte Teppich lässt sich schwer lösen, sodass wir ihn vorab in kleine Stück schneiden mussten. Über die Klebereste auf dem Boden oder der Treppe wollen wir gar nicht erst anfangen. Kratzen, Schleifen, Schleifen, Kratzen. Internet/Community befragen. Tipps ausprobieren, Spiritus soll lösend wirken. Ob das wirklich geholfen hat? Schwierig zu sagen, aber eher nicht. Die Treppe sieht immer noch mäßig aus. Aber weitere Experimente stehen aus…

 

Ernüchterung

Das ist über die Zeit jedoch unser geringstes Problem geworden. Die ausstehende Nutzungsgenehmigung für die Räumlichkeiten zeichnet sich als schwieriger ab, als gedacht. Den Bestand zu reaktivieren ist häufig eine zähe Angelegenheit. Die Bauordnungen ändern sich pausenlos. Und leider ist es auch immer noch so, dass Bestandsgebäude bei Änderungen anhand der aktuellen Standards gemessen werden.

Wo früher Fenster eingebaut wurden, sind heute Öffnungen (aufgrund des Brandüberschlags zu den Nachbarn) nicht mehr möglich und müssen geschlossen werden. Sicherheitsstandards, Wärmestandards alles wird stetig novelliert. Und das ist auch gut so, für Neubauten! Bestandsgebäude auf den neuesten Stand der Dinge aufzurüsten ist häufig eine sowohl mühsame, als auch kostspielige Angelegenheit. Ein Grund, warum viele Gebäude einfach abgerissen werden und an gleicher Stelle ein ähnliches neues Gebäude errichtet wird. 

Die Quintessenz: Der Bestand sollte nicht unter den selben Bedingungen bewertet werden müssen, wie ein Neubau. Das ist schlichtweg so in vielen Fällen nicht leistbar und führt zu den Problemen der übermäßigen Abfallproduktion im Bauwesen.

Lange Rede, kurzer Sinn. Wir sitzen hier und warten auf eine Nutzungsgenehmigung. Aber die Chancen sind dem Gefrierpunkt geweiht. Ein Funken Hoffnung gibt es noch. Drückt uns die Daumen.

 

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