Kann Künstliche Intelligenz Pflegekräfte entlasten und Patienten als Ansprechpartner dienen? Dieser Frage geht unser HSW Team der Hochschule Emden/Leer nach. Hierhin führte uns auch dieser #Hausbesuch, bei dem wir das Team um Projektleiter Prof. Dr.-Ing. Lars U. Jänchen und die Studierenden Hoang Anh Nguyen und Christian Fellensiek mitten in der Vorbereitung ihres Abschlussevents besuchten.
Die Beschaulichkeit Emdens und der typisch wolkenbedeckte Küstenhimmel sollen dabei nicht darüber hinwegtäuschen, dass hier einiges los ist. Das Projektteam ist nämlich an der Entwicklung eines virtuellen Pflegers beteiligt, der sich mit Pflegebedürftigen unterhält und das Personal unterstützt, indem er zum Beispiel an die Einnahme von Medikamenten erinnert. In den Räumen der Hochschule wurden wir vom Team empfangen und hatten die Gelegenheit, uns über den bisherigen Projektverlauf und die kommenden Highlights auf den neuesten Stand zu bringen.
Zunächst vielen Dank für eure Zeit am heutigen Tag. Die Abschlussveranstaltung steht ja kurz bevor und so gibt es sicherlich noch einiges vorzubereiten. Zu Beginn aber interessiert mich ganz allgemein wie sich euer Projekt seit der Auszeichnung im Hochschulwettbewerb im Frühjahr 2019 entwickelt hat? Welche Ziele konntet ihr bisher schon erreichen? Welche Überraschungen sind euch begegnet? An welchem Punkt befindet ihr euch derzeit?
Wir haben vor allem nicht damit gerechnet so einen großen Zuspruch für das Projekt zu bekommen. Presseanfragen, Einladungen zu Vorträgen und vieles mehr. Beispielsweise kamen unsere Präsentationen in Pflegeheimen sehr gut an – mit vielen Rückfragen und großem Interesse seitens des Personals vor Ort. Auch für uns als Ingenieure war das natürlich toll, weil wir so in Kontakt mit Menschen kamen, mit denen wir vorher nicht zu tun hatten. Mittlerweile ist das Thema aber auch an der Hochschule regelrecht explodiert. So unterstützen uns beispielsweise rund 10 Informatikerinnen und Informatiker vom Fachbereich hier vor Ort. Sie konzentrieren sich auf den Bereich Sprachsynthese und helfen uns dabei, hier besser zu werden. So ging vor allem die technische Entwicklung auch schneller als gedacht. Alles in allem können wir sagen, dass wir in diesem Jahr weitergekommen sind als gedacht.
Wie seid ihr eigentlich auf die Idee für das Projekt gekommen?
Die Idee für das Ganze entstand aus einem Marketingkurs an der Hochschule. In diesem Fall war die Grundlage ein persönliches Erlebnis im Bereich Pflege. Ein Bekannter ist Pfleger und berichtete von seinen Erfahrungen und den, oftmals mittelmäßigen, Pflegebedingungen vor Ort. So waren die Grundlage und der Beginn unserer Recherche Besuche in Pflegeheimen, um die größten Herausforderungen vor Ort zu identifizieren. Der Pflegekräftemangel ist dabei nur eine Seite. Vor allem geht es auch um die Art und Qualität der Hilfe. Unsere App hilft dabei, die Abläufe und Bedürftigkeiten besser zu organisieren. Gleichzeitig sind mögliche Anwendungsgebiete aber auch die Betreuung zu Hause oder am Arbeitsplatz. Wichtig dabei ist, dass die Pflegekraft an sich natürlich unersetzbar ist und bleibt. Dies betonen wir stets. Deshalb suchen wir den Dialog mit zahlreichen beteiligten Gruppen: Pflegebedürftige, Pflegepersonal, Familien und Politik. Der Avatar PaiBuddy soll eine Bezugsperson darstellen, die den Bewohner kennen lernt und gleichzeitig pflegerelevante Informationen an das Pflegepersonal vermittelt.
Ich möchte etwas mehr über eure Zusammenarbeit mit dem Unternehmen „Oben“ aus den USA und mit Prof. Dr. Knut Tielking vom Fachbereich Soziale Arbeit und Gesundheit erfahren. Wie kam es zu der Zusammenarbeit und wie sieht diese konkret aus?
Vor allem die Zusammenarbeit mit dem Fachbereich Soziale Arbeit und Gesundheit ist etwas Besonderes. In diesem Fall lassen sich einfach die Ideen gut miteinander verknüpfen. So erhalten wir hier Unterstützung beim Inhaltlichen aber auch bei der Vorbereitung der Abschlussveranstaltung. Bezüglich des Unternehmens „Oben“ war es so, dass hier die Initiative von Prof. Jänchen ausging. Er sucht immer gezielt nach Kontakten zu Unternehmen und Startups im Ausland, welche Interesse an Ideen der Studierenden im Rahmen seiner Lehrveranstaltungen haben könnten. Bestandteil davon war auch eine Exkursion der Studierenden nach Kalifornien.
Woher kommt der App-Name PaiBuddy eigentlich?
Der Name steht für Personal Artificial Intelligence. Dies ist also recht klar. Vor allem aber wollen wir durch den Buddy eine positive und freundschaftliche Verbindung in die Beziehung zwischen App und Nutzer reinbringen. Besonders im Bereich von Assistenzsystemen kommt dieser Aspekt unserer Meinung nach oft zu kurz. Technologie ist für viele Menschen kalt und gefühllos. Diese Wahrnehmung möchten wir durchbrechen und fangen schon beim Namen damit an.
Am Dienstag, 3. Dezember 2020, werden die Idee und das daraus entstandene Projekt PaiBuddy mit Impulsvorträgen und anschließender Podiumsdiskussion in der Hochschule mit vielen Beteiligten vorgestellt. Wie laufen die bisherigen Vorbereitungen? Wann habt ihr damit begonnen und was erhofft ihr euch davon?
Zunächst war es durchaus eine Herausforderung, die gesamte Öffentlichkeitsarbeit wie auch die Vorbereitung der Veranstaltung in die tägliche Forschungsarbeit zu integrieren. Nachdem wir einen Rhythmus gefunden hatten, ist uns das unserer Meinung nach aber gut gelungen. Bereits vor dem Sommersemester haben wir damit begonnen den Abend zu planen und rechnen mit rund 100 Teilnehmenden. Wichtig ist für uns dabei zum ersten Mal Feedback vom Publikum zu erhalten. Wie kommt die Idee an? Hieraus werden wir die Ausrichtung für die Zukunft des Projekts und der kommenden Schritte herleiten. Gleichzeitig wäre es schön durch den Abend das Thema noch stärker in der Region zu verankern.
Wie wird der Abend konkret ablaufen? Wer ist dabei?
Die Podiumsdiskussion bildet den Abschluss der Arbeiten im Rahmen des Hochschulwettbewerbs und ist zugleich eine Veranstaltung der Selbsthilfe- und Patientenakademie (SPA). Beginn ist um 16 Uhr in der Mensa der Hochschule Emden/Leer. Als Expertinnen und Experten aus der Region werden unter anderem Hildegard Krüger von der Alzheimer Gesellschaft Emden-Ostfriesland sowie der ehemalige Pflegedienstleiter Bernhard Kleinhaus aus Norden die Thematik beleuchten. Ebenso dabei ist Emdens Oberbürgermeister Tim Kruithoff. Auch ist das Publikum gefragt an Thementischen mit den Expertinnen und Experten ins Gespräch zu kommen.
Abschließend noch ein Blick in die Zukunft. Wie schätzt ihr die Perspektive des Projekts ein? Gibt es schon Pläne für die kommenden Monate? Wie soll es jetzt weitergehen?
Zunächst war das Ziel ja nicht, ein Produkt zu entwerfen, sondern die Idee an sich zu erforschen. Kann sowas überhaupt funktionieren? Welches Feedback gibt es von den Menschen dazu? Dies ist uns gut gelungen. Die nächste Stufe wäre dann die Idee in einem ersten Praxistest auf ihre Tauglichkeit zu überprüfen. Wir werden versuchen auf unser Veranstaltung dafür mögliche Partner zu gewinnen. Und je nachdem, wie die ersten Erfahrungen in der Praxis sein werden, können wir uns viele weitere Schritte vorstellen das Projekt weiterzuentwickeln.
Vielen Dank für das Gespräch!
Mehr Informationen zum Team findet ihr auf der Blogpage des Hochschulwettbewerbs!
(Interview, Text und Bilder: Martin Gora / WiD, Bilder: Team PaiBuddy)