… die wir euch noch vorstellen wollen, sind Alexandra und Julia. Auch haben wir mit den beiden im Anschluss an unser Projekt ein kleines Interview gegeführt, was wir hier mit euch teilen möchten.
Julia unterrichtet an der Liebfrauenschule in Bonn die Fächer Biologie und Ernährungswissenschaften und hat uns als leitende Lehrkraft in unserer Projektumsetzung begleitet und unterstützt. Durch Julia wurde das Projekt in den ernährungswissenschaftlichen Unterricht einer 10.Klasse integriert. An dieser Stelle nochmal ein großes Danke an Julia.
- Julia, was hat dich als Lehrerin/ persönlich dazu bewegt mit deiner Schulklasse an diesem Projekt mitzumachen?
Als Lehrerin beschäftigt mich natürlich immer die Frage, wie ich in meinem Unterricht die Lebenswelt der Schülerinnen aufgreifen kann. Dieses Projekt bietet diese Möglichkeit gleich in mehrfacher Hinsicht, indem das Format Podcast direkt der digitalen Lebenswirklichkeit der Schülerinnen entspricht, sie gleichzeitig Themen wählen, die sie persönlich interessieren und nicht zuletzt auch in der individuellen Gestaltung Hinweise darauf geben, in welcher Form Inhalte vermittelt werden können. Des Weiteren schult natürlich die Arbeit in Projektform verschiedene social skills, da die Schülerinnen miteinander arbeiten müssen, mit Experten*innen kommunizieren oder ihre Zeit einteilen, gibt gleichzeitig aber auch den Schülerinnen die Möglichkeit, ihre ganz individuellen Fähigkeiten gezielt in die Gruppendynamik einzubringen. Daneben war mir auch die Zusammenarbeit mit Expertinnen*innen wichtig, weil die Lerninhalte in der Schule häufig als gegeben akzeptiert werden, wobei die zugehörige Forschung und die damit verbundenen Fragen oft nicht wahrgenommen werden. Der intensive Kontakt mit den Expertinnen*innen wird die Schülerinnen darin bestärken, Thesen kritisch zu hinterfragen und auch eigenständig zu recherchieren.
- Welche Erwartungen hattest du an das Projekt? Sind diese erfüllt worden?
Ich hatte mir vom Projekt einen tieferen Einblick in die Interessenlage der Schülerinnen erhofft. Zwar mache ich regelmäßig Abfragen bezüglich der Interessen der Schülerinnen, die aber stets thematisch lernplangebunden sind. Durch die eigenständige Themenauswahl haben sich doch verschiedene Schwerpunkte herauskristallisiert, die ich in meine weitere Arbeit aufnehmen werde. Meine Erwartungen bezüglich der Kreativität der Schülerinnen sind übertroffen worden. Die Podcasts sind sowohl thematisch, als auch methodisch abwechslungsreich geworden. Bezüglich der Arbeitsmoral war ich während der Präsenzphasen zufrieden, allerdings weniger mit der Arbeit danach. Hier wäre sicherlich ein Start in einer früheren Phase des Schuljahres hilfreich gewesen, der ja durch die Pandemiemaßnahmen leider nicht möglich war. Da das Podcastprojekt eine andere Arbeitsweise als der reguläre Unterricht erfordert, hatte ich mir darüber hinaus einen Einblick in die Gruppendynamik im Arbeitsprozess erhofft, den ich auch erlangen konnte, um möglicherweise Stärken der Schülerinnen zu entdecken, die im normalen Unterrichtsgeschehen möglicherweise untergehen.
- Wie hast du die Interaktion zwischen Schülerinnen und den
Wissenschaftlerinnen empfunden?
Bezüglich der Interaktion konnte ich vor allem die Seite der Schülerinnen beobachten. Von anfänglich großem Respekt vor den Expertinnen hat sich die Atmosphäre rasch in eine kommunikative gewandelt, was einerseits durch die Frequenz der Fragen und Nachfragen untermauert wurde, andererseits haben die Schülerinnen auch im Gespräch zunehmend auf die Expertinnen verwiesen, mit denen sie die eine oder andere Angelegenheit besprechen wollten.
- Welche Erkenntnisse nimmst du persönlich aus dem Projekt mit?
Für mich persönlich hat das Projekt viele neue Erkenntnisse erbracht: Ich möchte in Zukunft die Kommunikation mit Wissenschaftlern*innen noch stärker in den Unterricht integrieren. Nach den Lockdowns verfügen wir nun über Möglichkeiten, Vorträge oder Diskussionen auch online durchzuführen, wodurch sich der Aufwand verringert. Insbesondere die Zusammenarbeit mit den Expertinnen hat das Interesse der Schülerinnen befördert und die Arbeit bereichert. Die Methode Podcasterstellung als Lernprodukt bietet nicht nur die Möglichkeit, die technischen Kenntnisse der Schülerinnen zu erweitern, sondern auch Gelegenheiten zur individuellen Förderung, indem die technischen Aspekte, die redaktionellen Aspekte, aber auch Aspekte der Präsentation eingebracht werden müssen. Ebenso ist die Methode Poetry Slam wieder in meinen Fokus gerückt, die sich ebenfalls für den Unterricht eignet und offenbar von den Schülerinnen geschätzt wird. Das Projekt hat auch das enorme kreative Potential der Schülerinnen verdeutlicht, mit Hilfe dessen ich in Zukunft weitere, wenn auch kleinere Projekte in Richtung Wissenschaftskommunikation gestalten möchte. Die jeweils gewählten Themen werde ich im Rahmen meines Unterrichts erneut aufgreifen, weil sie einerseits im Interessenbereich der Schülerinnen liegen, ihnen aber auch die Möglichkeit bieten, ihr erworbenes Wissen nochmals anzuwenden.
- Wie schätzt du selbst den Effekt eines Schülerinnen-Podcasts als mediale Plattform zur Wissenschaftskommunikation über so ein relevantes Thema ein?
Den Gesprächen mit den Schülerinnen habe ich entnommen, dass diese Podcasts oft als langatmig empfinden, wenn diese einfach “frei Schnauze” eingesprochen werden. Sie schätzen eine Struktur mit Einleitung, Mittelteil und Schluss mit Zusammenfassung am Ende, aber keine Wiederholungen oder unnötigen Füllwörter, was sich auch in den fertiggestellten Podcasts widerspiegelt. Ich bin mit den Schülerinnen einer Meinung, dass gerade Themen aus dem Bereich Ernährung und Gesundheit mit wissenschaftlichem Hintergrund eine weitaus stärkere Rolle in den sozialen Medien spielen sollten, in denen einige Protagonisten mit geringer Vorbildung oder wissenschaftlicher Kenntnis Informationen verbreiten, die von den meisten Konsumenten nicht ohne weiteres nachgeprüft werden können, weil vielen gar nicht bewusst ist, woher die Informationen eigentlich kommen und wie deren Wahrheitsgehalt zu bewerten ist. Ich kann mir gut vorstellen, dass eine peer-to-peer-Kommunikation über wissenschaftliche Themen sich einer hohen Popularität erfreuen wird, da auch verschiedene Youtuber, wie z. B. MaiLab den Wert der Wissenschaft betonen, scheinbare Fakten wissenschaftlich prüfen und damit hohe Klickzahlen generieren. Es besteht also durchaus ein Interesse an Wissenschaft, aber es spielt eine große Rolle, wie sie präsentiert wird.
- Weitere Anmerkungen deinerseits?
Schade fand ich die Zeitverzögerungen durch den Lockdown und die Pandemiemaßnahmen. Während eines normalen Schuljahres wäre unsere Arbeit noch wesentlich produktiver ausgefallen und ein früherer Zeitpunkt innerhalb der Einführungsphase ist sicherlich auch motivationsfördernd. Auf der anderen Seite ist es auch bemerkenswert, wie gut viele Gruppen in der begrenzten Zeit gearbeitet haben, und wie flexibel alle Beteiligten auf Unwägbarkeiten reagiert haben. Meiner Meinung nach hat das Projekt einige interessante und kreativ gestaltete Podcasts hervorgebracht, die sicherlich auch Anklang beim Publikum finden werden und auf deren Veröffentlichung die Schülerinnen schon sehr gespannt sind.
Alexandra ist angehende Lehrerin für die Fächer Biologie und Mathematik und hat das Projekt im Rahmen ihrer Masterarbeit „Der Einfluss von Podcasterstellungen auf das Interesse von Schüler*innen an den Themen Bioökonomie und gesunde Ernährung“ begleitet und evaluiert. Betreut wurde die Masterarbeit von Prof. Dr. Annette Scheersoi, somit wurde die Fachdidaktik Biologie bewusst in das Projekt miteingebunden.
- Alexandra, was hat dich dazu bewegt im Rahmen des Projekts deine Masterarbeit zu schreiben? Welche eigenen/ welche wissenschaftlichen Interessen haben dich dazu bewegt?
Das Projekt ist im Vorfeld bereits bei mir auf großes Interesse gestoßen. Dies lag einerseits an den behandelten Themen selbst, andererseits fand ich das Erstellen eines Podcast spannend. Des Weiteren bieten das Projekt und die damit verbundenen Erfahrungen und wissenschaftlichen Erkenntnisse für mich persönlich einen Mehrwert, da ich diese für meinen zukünftigen Unterricht nutzen kann.
- Welche Erwartungen hattest du an das Projekt? Sind diese erfüllt worden?
Durch die Begleitung des Projekts habe ich mir wissenschaftlich fundierte Kenntnisse über den Einfluss von Podcast-Produktionen in unterrichtlichen Kontexten erhofft. Diese sind klar erfüllt worden. Darüber hinaus war ich sehr gespannt, was mich im Projekt erwarten würde und hatte vorab keine konkreten Vorstellungen.
- Wie fandest du die Interaktion mit den Schülerinnen, der Lehrerin und den Wissenschaftlerinnen?
Ich würde die Interaktionen zwischen allen Projektbeteiligten als eine „Kommunikation auf Augenhöhe“ beschreiben. Der Umgang war freundlich und respektvoll. Jedoch hätten manche Absprachen unter den Beteiligten besser sein können beziehungsweise deutlicher formuliert werden können.
- Welche Erkenntnisse nimmst du persönlich aus dem Projekt mit?
Durch die wissenschaftliche Begleitung des Projekts konnte aufgezeigt werden, dass das Erstellen eines Podcast im Unterricht sich positiv auf das situationale Interesse von Schüler*innen auswirkt. Das Projekt förderte das Interesse der Schüler*innen an den behandelten Themen. Insbesondere konnten die behandelten Themen für die Schüler*innen persönlich an Bedeutung gewinnen. Durch die Analyse konnte aufgedeckt werden, welche Aspekte in der Umsetzung für den Erfolg eines solchen Projekts entscheidend sind.
- Wie schätzt du selbst den Effekt eines Schüler*innen-Podcasts als mediale Plattform zur Wissenschaftskommunikation über so ein relevantes Thema ein?
Ich kann mir vorstellen, dass junge Hörer*innen sich durch die Vermittlung durch Gleichaltrige eher angesprochen fühlen. Darüber hinaus konnte die Evaluation des Projekts aufzeigen, dass der Aspekt der Veröffentlichung einen positiven Effekt auf das Interesse der Schüler*innen haben kann.
- Weitere Anmerkungen deinerseits?
Die Begleitung des Projekts war für mich eine tolle Erfahrung, durch die ich viel lernen konnte. Ich möchte allen Projektbeteiligten für die Zusammenarbeit und die Unterstützung im Rahmen meiner Masterarbeit danken.